7 Meter lange Einraumwohnung

Zwei Wochen sind wir mit dem Wohnmobil in Neuseeland unterwegs. Ehrlich gesagt ist es für Soehnke und mich das erste Mal Camping überhaupt und wir beide finden es überraschend bequem. Wir sind darauf vorbereitet, dass es eng, unbequem, kalt und sehr einfach wird. Wir staunen aber nicht schlecht, als bei der Ausleihfirma in Auckland neben uns der sieben Meter lange Camper-Van vorgefahren wird. Er ist komplett mit Toilette, Dusche, Gasherd, Kühlschrank und Doppelbett ausgestattet. Also quasi eine Einraumwohnung auf Rädern. Das nennt man wohl „Glamping“ (glamouröses Camping).

Unser Ziel ist die Südinsel Neuseelands. Dort wollen wir das Wohnmobil in Christchurch abgeben und dann unseren Weiterflug nach Sydney antreten – so zumindest die Theorie…

Vom Norden der Insel führt uns die Fahrt Richtung Süden zunächst nach Hobbiton – ein wesentlicher Drehort der Herr-der-Ringe- und Hobbit-Filme. Das Set wurde nach Beendigung der ursprünglichen Dreharbeiten zunächst abgerissen. Schon bald aber wurde klar wie erfolgreich die Filme und das Franchise werden würden. Beim Wiederaufbau des Sets für die Hobbit-Filme beschloss man direkt, das Gebiet für Tourist:innen stehen zu lassen. Finanziell muss sich das Ganze wohl lohnen, denn Busse mit mindestens 50 Personen fahren alle 10 Minuten (!) in die künstliche Landschaft – und der Eintritt ist mit 50€ pro Person auch alles andere als günstig. Fun Fact: Die grosse Eiche im Hobbit-Dorf ist komplett künstlich. Sie besteht aus Fiberglas und die über 200’000 Blätter aus Seide wurden per Hand angeklebt.

Unsere Route führt uns weiter Richtung Mount Maunganui, ein äußerst schöner Badestopp. Danach geht es weiter nach Rotorua zu heissen Quellen und einem Schlammbad am Abend. Sehr beeindruckend sind zudem die Huka Falls nördlich des Taupo-Sees.

Danach fahren wir eine längere Strecke Richtung Wellington mit einem Stopp in der kleinen Stadt Feilding. Die Landschaft auf dem Weg ändert sich immer wieder. Mal ist es satt grün, urwaldlich, mal steppenartig trocken. Die hügelige Landschaft ist fast überall übersät mit Schafen und Kühen. Die Strände bestehen oft aus dunkler Vulkanasche und das Wetter ist launisch wechselhaft. Insgesamt ist Neuseelands Natur atemberaubend schön, selbst wenn es regnet.

Mit dem Wohnmobil sind wir flexibel. Batterie und Wassertanks erlauben es uns bis zu 3 Tage unabhängig von Camping-Plätzen zu übernachten. Das Gute ist, dass in Neuseeland überall gecampt werden darf (es sei denn, es ist ausdrücklich verboten). Mal parken wir also irgendwo am Rande einer Wiese, ein anderes mal nutzen wir den Luxus der warmen Dusche auf einem der sehr gut ausgestatteten Camping-Plätze. Abends grillen wir meist und beenden den Tag mit einem Wein, morgens schlafen wir aus und fahren dann los, wenn wir Lust haben – ein Traum.

Was uns beim Camping in Neuseeland auffällt:

  • So ein Camper-Van ist durchaus gemütlich, vor allem dann, wenn es draußen regnet und man drinnen trocken und warm bleibt. Ich kann den Reiz eines Wohnmobils jetzt besser nachvollziehen. Aber:
  • Man muss beim Camping viel planen. Im Prinzip ist unser Tag damit gefüllt, einkaufen zu gehen, das nächste Ziel zu planen, das Bett auf- und abzubauen und andere Grundbedürfnisse zu stillen. Das ist nicht unbedingt schlecht – ich war aber überrascht, wie „wenig“ ich tagsüber mache, der Tag aber so schnell vorbei ist.
  • Campende sind Frühaufsteher:innen – warum, wissen wir nicht. Die meisten Wohnwagen verlassen den Camping-Platz schon lange bevor wir aufstehen.
  • Beim Campen treffen zwei Welten aufeinander. Die Einen campen freiwillig, wahrscheinlich weil sie die Mobilität und das temporär puristische Dasein schätzen. Wie luxuriös das Campen dann schlussendlich ist, bleibt natürlich Ansichtssache. Einige Wohnwagen, die wir auf unserer Fahrt sehen, sind eher mobile Schlösser, deren immensen Wert ich nur erahnen kann. Auf der anderen Seite aber sind die Menschen, die unfreiwillig im Auto leben. Das sind Menschen ohne Obdach, die ihr ganzes Hab und Gut in einem Auto haben und die Nacht auf dem Campingplatz verbringen. Wir sehen einige der vollgepackten Autos, hinter deren abgedunkelten oder beschlagenen Scheiben man viel Gerümpel und ein paar schlafende Gestalten erahnen kann.

Nach fünf Tagen kommen wir in Wellington, der Hauptstadt Neuseelands, an. Wir besuchen hier das Nationalmuseum und gehen nett essen.

Dann aber die Überraschung: Bisher ist unsere Fahrt geprägt von mehr oder weniger spontanen Entscheidungen. Heute hierhin, morgen dort entlang. In Wellington müssen wir die Fähre für die Überfahrt auf die Südinsel organisieren und stellen fest, dass wir viel zu spät dran sind. Heute geht keine Fahrt mehr, morgen nicht, übermorgen nicht und auch nicht innerhalb der nächsten vier Wochen. Unseren Plan, das Wohnmobil auf die Südinsel zu überführen, müssen wir leider begraben. Die Fähren sind restlos ausgebucht, vor allem wohl, weil die vielen Passagiere, die in den letzen Wochen aufgrund des Zyklons nicht fahren konnten, erst jetzt die Fähre nehmen können.

Wir müssen also umplanen. Das Auto muss wieder zurück nach Auckland. Unseren Flug von Christchurch nach Sydney müssen wir umbuchen und wir müsen uns überlegen, was wir jetzt noch auf der Nordinsel besuchen wollen. Etwas schade ist es schon, dass wir die Südinsel nicht zu sehen bekommen und die vielen Telefon-Schleifen machen nach ein paar Stunden keinen Spass mehr….aber gut, was soll’s?

Auf eine neue Route können wir uns zum Glück schnell einigen. Wir steuern zunächst das kleine Martinborough östlich von Wellington an. Hier besuchen wir vier verschiedene Weingüter – inklusive Verkostung. Wir entdecken erstmalig einen uns schmeckenden Pinot Noir und sind von den lokalen Weinen insgesamt sehr angetan. Besonders der Sauvignon Blanc aus Martinborough ist hervorragend.

Neuseelands Kleinstädte sehen fast immer aus wie Western-Saloon-Städte. In der Innenstadt befinden sich nur flache aus Holz gebaute Gebäude mit Shops oder Restaurants. Der Eingangsbereich ist meist überdacht und das Flanieren durch die Straßen macht Spass. Wohnhäuser findet man immer erst außerhalb der Innenstadt. Selbst die Randbezirke von Wellington und Auckland sehen so aus.

Für unseren Rückweg nach Auckland beschliesen wir an der Westküste entlang zu fahren – einmal um den Mount Taranaki. Ein weiteres Ziel ist die Glühwürmchen-Höhle in Waitomo. Die Höhle durchfährt man mit einem kleinen Boot und bestaunt dabei die vielen kleinen Glühwürmchen an der Decke der Höhle. Leider ist das Fotografiern in der Höhle nicht erlaubt…

Bevor wir wieder in Auckland ankommen, besuchen wir noch einen Vogel-Park südlich der Stadt Hamilton. Einmal einen Kiwi sehen, das hatten wir uns vorgenommen. Das ist aber schwieriger als gedacht, denn Kiwis sind nachtaktiv! Im Vogelpark sind extra dafür dunkle Gehege angelegt… so konnten wir zumindest einen Blick erhuschen – wenn auch flüchtig.

Die letzte Nacht unserer Neuseeland-Reise verbringen wir (wieder) in Auckland. Und dann heisst es auch schon: Bye bye Neuseeland, hallo Australien. Da wir die Südinsel Neuseelands nicht erleben konnten, wissen wir aber: wir kommen wieder.

Beitrag erstellt 22

6 Gedanken zu „7 Meter lange Einraumwohnung

  1. Sagenhaft!!!
    Ich sitze gerade bei MR und lese den neuen Bericht mit den wieder so großartigen wunderbaren Fotos!!
    Vielen Dank , dass wir auf diese Weise teilnehmen, euch gedanklich begleiten können.
    Für euch weiterhin alles Liebe und Gute, schöne und möglichst erfreuliche Eindrücke und Begegnungen…sowie jetzt eine tolle kommunikative Zeit mit Anke und Dana in Australien .Seid alle miteinander herzlich gegrüßt.

  2. Lieber Soehnke, lieber Arne, sehr gerne verfolgen wir eure Reise. Eure Berichte über das Wohnmobilleben in Neuseeland haben uns natürlich ganz besonders interessiert. Wie ihr ja wisst sind wir Wohnmobilfans und wir waren ja vor längerer Zeit auch damit in Neuseeland unterwegs. Schön, dass es euch Spaß gemacht hat und dass du , Soehnke, so locker mit der Herausforderung des Fahrens umgegangen bist. Schade, dass die Überfahrt auf die Südinsel nicht geklappt hat. Wir freuen uns schon auf den Bericht aus Australien. Viele Grüße und lasst es euch weiterhin richtig gut gehen. Inge und Lutz

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